fob marketing

Domain-Erpressung am Telefon?

Morgenstund hat Gold im Mund – müssen sich diese Anrufer gedacht haben:

Letzte Woche meldete sich bei mir ein Kunde, dem angeblich jemand seine lokale Reisebüroadresse „vor der Nase wegschnappen“ wollte. Im Domainnamen steht ein weltweit bekannter Konzern, also eine äußerst bekannte und seit vielen Jahren genutzte Marke, die mit reichlich Kapitaleinsatz aufgebaut wurde, nebst Ortsangabe. Von der extrem regionalen Internetadresse des in einem bestimmten Stadteil von Hamburg ansässigen Reisebüros wird bisher nur die „domain.de“-Schreibweise genutzt.

Der dreiste Anrufer gab nun vor, dass ein Kunde bei ihm ein paar gleichlautende Domains bestellt hätte, mit noch freien Domain-Endungen, wie domain.org oder domain.net – natürlich wäre es ihm lieber, wenn der Besitzer der anderen Internetadressen diese Domains gleich mit übernimmt. Er rief also quasi an, um dem Reisebüro ein „Vorkaufsrecht“ einzuräumen…

Angebot zur Domain-Abtretung – schnelle Entscheidung am Telefon gefordert – Androhung der kurzfristigen Domain-Weitergabe, … für mich ein klares Indiz für versuchte Erpressung.

Auf die Frage, was er tun sollte, antwortete ich meinem Kunden also: „Wenn ich die Domains nicht nutzen wollte, würde ich die Sache an die Konzern-Juristen weiterleiten und schnell wieder vergessen. Wenn ich die Domains jedoch nutzen wollte, würde ich jetzt bei meinem eigenen Provider testen, ob ich sie jetzt und dort noch zum Normaltarif bestellen kann. In jedem Fall würde ich jedoch davon ausgehen, dass ein seriöser Domainhändler mich nicht anrufen würde, um mir unter massivem Druck Domains am Telefon zu verkaufen.“

Mein Kunde ließ die Sache auf sich beruhen – und wie ich gerade feststelle, sind die zur Diskussion gestellten Domains bis heute von niemandem „gebunkert“ worden. Sehr dubios…

Heute Morgen wurde ich überraschend selbst von einem Profi-Call-Center angerufen. Auch mir wollte man quasi „meine eigenen Domains“ verkaufen. „Entweder sie bestellen die Domains selbst – oder wir geben die Domains für unseren Interessenten frei, der ihren Domainnamen bei uns bereits beantragt hat und künftig im Internet verwenden möchte.“

Nun ja. Auch ich verwende einen geschützten Markennamen (fob), bin mit „fob marketing“ im Handelsregister eingetragen und nutze meine Domains schon ziemlich lange. Der Bekanntheitsgrad von „fob marketing“ im Internet dürfte zweifellos als „bekannt“ eingestuft werden – national und wahrscheinlich sogar international. Der Anrufer betonte jedoch, dass Markenrechte im Domainrecht keine Bedeutung hätten. Sehr witzig…

Meiner Einschätzung nach (wieder) ein Fall von versuchter Erpressung, die unter das Strafgesetzbuch fallen würde. In jedem Fall jedoch reagiere ich auf Belästigungen und Erpressungsversuche relativ allergisch.

Ich notierte mir also erst einmal in aller Ruhe:

Man weiß ja nie, wofür es gut ist.

Domain-Grabber, deren Erfüllungsgehilfen und sonstige Interessierte können unter folgenden Quellen einige enschlägige gesetzliche Bestimmungen zum Domainrecht nachlesen:

Leseratten, die der englischen Sprache mächtig sind, mögen sich vielleicht auch für den „Anticybersquatting Consumer Protection Act“ interessieren, von dem zum Beispiel VW bei Domainstreitigkeiten schon einmal profitieren konnte.

Falls sich jemand noch intensiver mit Internetrecht beschäftigen möchte, kann er sich zum Beispiel ein bisschen mit der 587 Seiten starken PDF-Rechtsbibel von Prof. Dr. Thomas Hoeren (Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht an der Universität Münster) beschäftigen.

Und ansonsten wünsche ich ein schönes Wochenende – macht keinen Ärger und streitet Euch nicht sinnlos in der Gegend herum. 😉

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